Bis heute werden im National Single Window (NSW) nur administrative Daten verteilt. Operative Daten, die die Hafen-Terminals für Planung und Betrieb benötigen, werden auf unterschiedlichen anderen Wegen zur Verfügung gestellt. Das führt zu Mehrfachmeldungen, uneinheitlichen Datenformaten und damit zu Risiken für Fehler und Inkonsistenzen.
Mit der Öffnung von NSW für alle weiteren an der maritimen Transportkette beteiligten Akteure soll sich das ändern. Diese Akteure stehen dabei in unterschiedlichen Beziehungen zueinander: Sie sind Partner bzw. Kunden (z. B. Reeder und Transporteure), aber auch Wettbewerber (z. B. Reeder untereinander). Für die künftige Akzeptanz der Lösung und das in sie gesetzte Vertrauen sind daher Sicherheit und Mehrwert des funktional erweiterten Systems von höchster Relevanz. Nur wenn beide gegeben sind, werden die Atkeure ihre Daten auch in das öffentliche System einspeisen, um es zu nutzen.
Systemkonzept
Bislang übernimmt ein NSW-Kernsystem die Entgegennahme, Aufbereitung und Bereitstellung der meldepflichtigen Daten, die diesem von externen Anwendungen wie Hafeninformationssystemen oder Web-Meldeclients zugeleitet werden. Behörden rufen die Daten dann in Form von Nachrichten ab. Dieser Ansatz wurde bei der Entwicklung des NSW-Plus-Konzepts übernommen, jedoch spezifiziert in die Unterteilung Webserver, Datenbanksystem und Programmierschnittstelle (API). Die API kann von Anbietern für die Entwicklung eigener Anwendungen zur Datenein- und -ausgabe genutzt werden. Damit hierbei die Einhaltung der Schnittstellen- und Sicherheitsstandards gewährleistet bleibt, ist für neue Anwendungen eine Zertifizierung durch den NSW-Plus-Betreiber erforderlich.
IT-Sicherheit
Bereits in der Designphase der NSW-Erweiterung hat das Fraunhofer FKIE an der Vorbereitung der IT-Sicherheit des Gesamtsystems mitgewirkt. Große Teile der Software des NSW-Plus-Prototypen sind im Rahmen des Projekts entstandene Eigenentwicklungen. Ein detailliertes Rechte- und Rollenkonzept wurde erarbeitet, das die Vergabe von Rechten durch den jeweiligen Dateneigentümer berücksichtigt. Hierbei wurde besonderes Augenmerk auf mögliche Inkonsistenzen und Probleme bei der Wahrung der Vertraulichkeit der hinterlegten Daten gerichtet.
Ein technisches Sicherheitskonzept für den NSW-Plus-Prototypen wurde erstellt. Es kann als Basis für ein kommendes Produktivsystem genutzt werden. Inhaltlich ist es an den IT-Grundschutz des BSI angelehnt, was bei der Zertifizierung für Datenzulieferer an das NSW-Plus behilflich ist und eine spätere Anbindung potenzieller Nutzer prozess- und organisationsseitig erleichtert. Weiterhin wurden die im aktuellen NSW-System bestehenden sogenannten Meldeklassen um NSW-Plus-spezifische Meldeklassen ergänzt. Hierbei wurde das bestehende Prinzip des einen Meldewegs beibehalten: Alle Informationen, egal an welchen Empfänger, werden grundsätzlich an eine Stelle gesendet.
Konzeption des Human-Machine Interface
Ausgangsseitig bietet NSW-Plus erheblich mehr Flexibilität als das bisherige System. Für eine Weiterverarbeitung können Daten über eine Datenschnittstelle für andere Systeme direkt abrufbar gemacht werden (machine to machine, M2M). Mittels eines Frontends, bspw. einer Web- oder lokal installierten Anwendung, können die Daten für Anzeige oder Auswertung aufbereitet werden.
Als Beispiel für eine solche Anwendung hat Fraunhofer FKIE ein Human-Machine Interface (HMI) für das Havariekommando entwickelt und in einem Demonstrator für die Pilotanwendung »Integration von Ladungsdaten Import/Export« umgesetzt (Details s. Reiter »Use Case«). Hierbei wurde der Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme nach ISO 9241-210 für die Konzeption eines effizienten, effektiven, intuitiven und ergonomischen Systems angewendet.