Die Bestimmung der Population einer Tierart für ein bestimmtes Habitat (Abundanz) ist meistens eine große Herausforderung für Mensch und Technik. Experten sind sehr gut darin, Tierarten zu bestimmen und ihre Anzahl zu zählen oder zu schätzen. Mit diesem Vorgehen verbunden sind jedoch zeitliche und örtliche Begrenzungen, die eine kontinuierliche Analyse der dynamischen Entwicklung der Populationen nur eingeschränkt erlauben.
Sensoren hingegen können vielfach und permanent eingesetzt werden. Allerdings können sie nicht ad-hoc dasselbe Niveau an Information zur Verfügung stellen: Die von ihnen gesammelten Daten sind zunächst fehlerhaft, unvollständig und teilweise widersprüchlich. Die Interpretation von Sensordetektionen ist zudem nicht eindeutig.
Eine Detektionsmeldung kann
- eine Falschmessung,
- eine Detektion mit falscher Klassifikation (Zuordnung zu falscher Tierart),
- eine richtige Messung mit korrekter Klassifikation (True Positive, Population: +1) oder
- eine richtige Messung mit korrekter Klassifikation sein, das Individuum wurde jedoch bereits gesichtet und gezählt (Population: +0).
In AMMOD werden probabilistische Methoden der Sensordatenfusion untersucht. Ziel ist es, die verschiedenen oben aufgeführten Interpretationen von Detektionen stochastisch zu modellieren. Dies soll zu einer berechneten Schätzung der Arten-Abundanz führen. Diese Schätzung ist nie perfekt, jedoch erlauben die Verfahren der Bayes’schen Statistik die Integration von Hintergrund- und Kontextwissen und ermöglichen damit eine präzise Modellierung des Wissens über die Population und ihren Lebensraum und damit eine Berechnung eines Erwartungswerts, der auf diesem Wissen beruht.
Die AMMOD-Stationen basieren methodisch auf Algorithmen zur raum-zeitlichen Verfolgung von Objekten, dem sog. Objekttracking. Hierbei werden die Anzahl der Objekte im »Sichtfeld« des Sensors und der »Zustand« jedes Objekts (z. B. Position und Kinematik) geschätzt. Da die räumliche Auflösung der Sensoren in den meisten Fällen nicht für eine präzise Bestimmung der Trajektorien einzelner Individuen ausreicht, kommen bei AMMOD stochastische Bewegungsmodelle zum Einsatz. Sie zielen auf die Populationsschätzung ab.
Das Sensormodell hingegen beschreibt das Verhalten des Sensors mit stochastischen Mitteln, sodass hier Werte zur Detektionswahrscheinlichkeit oder Falschalarmrate einbezogen werden. Im Zusammenwirken von Sensor- und Bewegungsmodell kann iterativ ein Schätzwert der Population berechnet werden, in den verschiedene Interpretationen der Daten sowie Wissen über das Verhalten der Tierart einbezogen wurden.
Geoinformationssysteme (GIS) ermöglichen es darüber hinaus, zusätzliches Kontextwissen für die Sensordatenfusion zu integrieren, da sie Information – z. B. zu Bebauung, Vegetation, Wasservorkommen oder Terrainbeschaffenheit – bieten, die georeferenziert abgerufen werden können. Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Mehrdeutigkeiten in der Dateninterpretation können derartige Hintergrunddaten die Aussagekraft der Ergebnisse verbessern. In AMMOD soll daher auch untersucht werden, inwieweit diese Daten formalisiert und in den Prozess der iterativen Schätzungsberechnung integriert werden können.