Die Atomkatastrophe von Tschernobyl im April 1986 und der GAU in Fukushima 25 Jahre später, im März 2011, haben eines deutlich gemacht: Absolute Sicherheit gibt es bei Atomkraft nicht. Trotz jahrzehntelanger Erfahrung, ausgetüftelter Notfallpläne und sich stetig fortentwickelnden Technologien kann es in jedem Atomkraftwerk jederzeit zu einem Unfall kommen. Mit verheerenden möglichen Folgen für Menschen und Umwelt.
Neben teils veralteten Anlagen, Naturkatastrophen und dem unberechenbaren Faktor Mensch hat sich die Lage durch die zunehmende Bedrohung durch terroristische Angriffe noch verschärft. Allein in den kerntechnischen Anlagen Europas sind seit dem Jahr 2000 rund 40 Störfälle registriert worden (Stand: 2021).
Doch nicht nur der Super-GAU, sondern auch bereits die geordnete Stilllegung alter kerntechnischer Anlagen oder der Abbau von Zwischenlagern rufen Roboter zur Unterstützung auf den Plan. »Die Einsatzszenarien für robotische Systeme im Bereich CBRNE sind sehr real, trotzdem wird bislang erstaunlich wenig konkret in diese Richtung geforscht«, erläutert Dr. Frank E. Schneider, stellvertretender Leiter der Abteilung »Kognitive Mobile Systeme« am Fraunhofer FKIE.
Um die Möglichkeit zu bieten, den aktuellen Stand von Forschung und Technik in realen Einsatzszenarien auf die Probe zu stellen, hat er im Jahr 2017 gemeinsam mit dem Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) des österreichischen Heeres den »European Robotics Hackathon (EnRicH)« initiiert.
Reale Einsatzszenarien aus vergangenen Katastrophen
Der Wettbewerb findet seitdem alle zwei Jahre in dem nahe Wien gelegenen Kernkraftwerk Zwentendorf statt. Das AKW entspricht demselben Reaktortyp wie der Katastrophenmeiler in Fukushima. Seine Einschaltung wurde jedoch 1978, kurz nach seiner Fertigstellung, durch eine Volksbefragung gestoppt.
Das niemals in Betrieb gegangene Kernkraftwerk bietet damit den idealen Austragungsort für die realitätsnahen Aufgabenstellungen, die unter anderem auf realen Einsatzszenarien vergangener Atomunfälle beruhen. »EnRicH ist zudem der einzige Wettbewerb in Europa, bei dem mit echter Strahlung geübt wird«, hebt ARWT-Leiter General Michael Janisch eine weitere, durch sein Amt ermöglichte Besonderheit des Hackathons hervor. »Hier zeigt sich, was die europäische Robotik im Fall der Fälle leisten kann.«